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Finissage der Ausstellung UNANGEPASST - Schausägen mit Jan Jastram am 15.07.18

Kategorie: Ausstellung / Museen

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Finissage der Ausstellung UNANGEPASST - Schausägen mit Jan Jastram am 15.07.18

Die Magie der Kettensäge - Schausägen mit Jan Jastram im Kunstwasserwerk am Sonntag, den 15. Juli

Finissage der Ausstellung

UNANGEPASST - Manfred Kastner (Malerei, Grafik), Hermann Lindner (Malerei), Jan Jastram -(Skulptur)

Die Magie der Kettensäge
- Schausägen mit Jan Jastram im Kunstwasserwerk am Sonntag, den 15. Juli


Text: Silke Dähmlow, Kunsthistorikerin, Berlin

Die Ausstellung „Unangepasst“, die seit dem 2. Juni 2018 im Pumpenhaus und in den Galerieräumen des Alten Haupthauses des Kunstwasserwerks Schwerin Werke der Maler Hermann Lindner und Manfred Kastner in kontrastreicher Symbiose mit den schwarzen und farbigen Plastiken Jan Jastrams zeigt, neigt sich dem Ende. Es ist eine ungewöhnliche Ausstellung, die sich während der Zeit verändert hat. Erworbene Holzplastiken wurden vom Künstler durch andere ersetzt, so dass sich zum Abschluss ein völlig anderes Bild ergibt und auf den Szenenwechsel neugierig macht. Zur Finissage planen Eckart Sarnow und der Verein Kunst-Wasser-Werk e.V. einen besonderen Höhepunkt. Der einzige Bildhauer unter den drei Ausgestellten lässt uns an einem Zauber ungewöhnlicher Art beiwohnen: einem öffentlichen Schausägen.

Als ich meiner Freundin, neulich im Berlin naheliegenden Summter Forst spazierend, von dem Vorhaben „Schausägen“ mit Jan Jastram erzählte, verstand sie, katholisch erzogen, „Schausegen“ und fragte mich, was denn das sei. Aus diesem auf Homophonie bzw. dialektischer Aussprache beruhendem Missverständnis entspann sich dann ein stilblütentreibendes Sprachspiel wie „Segen mit Sägen“ oder in der Umkehrung „Sägen mit Segen“, wobei der ikonische Kruzifixus gedanklich in die Ferne gerückt, vermutlich nur als „Segen in Sägen“ eine einigermaßen sinnvolle Erklärung des erwarteten Schauens des Wunderbaren darstellen würde.

Jan Jastram, der aus einer bekannten norddeutschen Bildhauerfamilie stammt, ist bekannt für die Kunst, seinem Material ebenbürtig gegenüberzustehen und diesem ungewöhnliche Eigenschaften zu entlocken. Mit seiner Kettensäge verwandelt er Statisches in Schwebendes, Geschlossenes in Transparentes und er versetzt Materialität ins Immaterielle.

Jan Jastram hat weit weg vom Norden, im erzgebirgischen Schneeberg, an der renommierten Fachschule für angewandte Kunst Holzgestaltung studiert. Sein Mentor war Prof. Hans Brockhage, einst selbst Schüler der Bauhäusler Mart Stam und Marianne Brandt, der 1965 eine Holzbildhauerklasse aufzubauen begonnen hatte, die er noch leitete als Jan 1984-1987 dort seine Formgestaltung und Kunst entwickelte. Somit gab es schon in der Ausbildung einen vermittelten Brückenschlag zur klassischen Moderne, zur freirhythmischen Komposition und zur ausponderierten Spannung, Komponenten, die den Künstler immer wieder an die Grenzen seiner Gattung und seiner Materialität treiben. Vielleicht stammen aus dieser Zeit der intensivsten Auseinandersetzung mit der Gebrauchsform die Ursprünge seiner in Schwerin erlebbaren Sitzobjekte, schwarze Holzbänke – gesägt und gebrannt oder geölt.

Während Brockhage die Künstleridee in einem Stück Holz schöpferisch umsetzen wollte, inspiriert Jastram eher die Idee, von einem Stück Holz so lange ab- und wegzusägen bis es nicht mehr geht, bis die Grenzen der Statik und der Kohäsion erreicht sind. Und in dieser Kunst ist Jan Jastram ein Zauberer, ein Virtuose an der Kettensäge. Er schafft es, Holz transparent zu machen, es gleich einem Stück Stoff im Wind wehen zu lassen. Er bringt seine Vorliebe für Holzbildhauerei auf die kurze Formel: „Holz und Motorsäge sind doch zwei sehr überschaubare Materialien.“

Für ihn war es die Zeit nach der Wende, die angefüllt von einem unglaublichen Ideenreichtum, seinen Ruf als Ausnahmekünstler prägte. 1995 bereits eine Einzelausstellung im Staatlichen Museum Schwerin „Raumsprünge – Figuren von Jan Jastram und George Rickey auf dem Alten Garten, 2005 verwandelte er zusammen mit Stefan Albrecht die Schweriner Altstadt in ein gigantisches Schachfeld mit 14 schwarzen und weißen Figuren aus solider Eiche, die zum interaktiven Spiel einluden und eine Referenz an Marcel Duchamp aufzeigten. Es gibt von ihm große gebogene vierkantige Stelen im öffentlichen Raum, die in ihrer archaischen Bewegtheit innerhalb eines mehrgeschossig umbauten Grünraums sein starkes Interesse an Architektur und seine Fähigkeit, zwischen beiden Gattungen zu balancieren zeigen.

In seiner fast drei Meter hohen Eichenskulptur „Gitter“, die auf der 8. Landesweiten Kunstschau 1998 zu sehen war, hebt er die schwere Materialität des Holzes auf und verwandelt die aus feinsten, schnurhaften Holzbändern bestehende Sägearbeit zwischen Sockel und abschließendem Quader in ein wie durchscheinendes Textil wirkendes Gewebe. Mit Arbeiten wie dieser oder der ebenso überlebensgroßen Skulptur M von 2001, wo ca. 1,5 cm starke Bretter wie ein Fächer hauchdünner Blätter oder umschlagender Buchseiten wirken, einzeln oft noch in sich gebogen und sich durch die physikalischen Eigenschaften des Materials und das Eigengewicht auch weiter verändernd. Hier macht Jan Jastram Holz zu Papier, nicht chemisch, sondern mit der Kettensäge nimmt er es solange weg, bis sich Leichtigkeit zeigt. So wundert es kaum, dass als kongenialer ursprünglicher Aufstellungsort dieser hölzernen Inspiration das Foyer in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern „Günther Uecker“ ausgewählt wurde, wo sie heute leider nicht mehr zu finden ist.

Für den Künstler ist der Werkprozess immer wieder eine Überraschung, wenn er manchmal zu viel weg sägt und etwas Neues, etwas nicht Geplantes entsteht. War Jan Jastram früher von Perfektion, dem Anspruch nach der perfekten Figur getrieben, entwickelt er heute ein Verhältnis zu den dem Holz innewohnenden Eigenheiten, dem Imperfekten und den Fehlern. In diesen Werk- und Schaffensprozess des Künstlers eintauchen und seinem Kampf um die Skulptur beiwohnen zu dürfen, um den Geheimnissen seiner Kunst auf die Spur zu kommen, dazu ist das Schausägen ein willkommener Anlass, Interessierte, Freunde der Kunst und der Künstler ins Kunst-Wasser-Werk einzuladen. Das Schausägen wird von dem Fotografen Christian Schmidtke dokumentarisch begleitet.


Kurzinfo:

Die Magie der Säge – Schausägen mit Jan Jastram am 15. Juli 2018, 15 Uhr

Finissage der Ausstellung „Unangepasst“ im Kunst-Wasser-Werk e.V. Schwerin, Altes Wasserwerk Schwerin-Neumühle 

Termine

Veranstaltungsort

Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter ODbL
Kunst-Wasser-Werk e. V.
Neumühler Straße 80
19057 Schwerin
Deutschland
Termine: Kunst-Wasser-Werk e. V., Schwerin

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