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Ausstellung KONTIKI im Künstlerhaus

Kategorie: Ausstellung / Museen

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Ausstellung KONTIKI im Künstlerhaus

Ausstellung KONTIKI -Jenny Feldmann, Anna Grath, Fion Pellacini, Hoda Tawakol

 

KONTIKI
Jenny Feldmann, Anna Grath, Fion Pellacini, Hoda Tawakol

11. März – 15. April 2018

Mit der Arbeit WELCOME (2017) heißt Jenny Feldmann die Ausstellungsbesucher herzlich willkommen. Sie ist Teil einer Serie, in der sie ordinäre Motive von Fussmatten zu Wandbildern verarbeitet. Feldmann schneidet die Motive ganz akkurat aus Holzfurnier aus und verleimt sie auf billige Pressspanplatten. Durch ihre Materialität passt sich die Arbeit in den holzvertäfelten Barraum ein, scheint dazuzugehören und irritiert doch zugleich. Wie auf einem Ortsausgangsschild stehen sich "Good Bye" und „Welcome“ gegenüber. Ist man doch schon wieder am Ende angelangt oder hat den falschen Eingang gewählt?
    Eine Leitplanke von Fion Pellacini (O.T., 2013), die sich durch den Ausstellungsraum windet, markiert den Eintritt in die Galerie und stellt den Besucher direkt vor eine Richtungsentscheidung. Je nachdem ob er die rechte oder linke Seite wählt, startet er eine andere Exkursion durch den Raum. Lässt man sich durch den Leuchtkasten von Anna Grath (SQUISH, 2017) oder die gerahmte Fotografie einer Hand (HADISE, 2017) lenken?
Ist die vordere Passage des Raumes erst einmal durchschritten, geht es von hier aus nur noch Richtung Wasser, an den Strand mit organischen Mustern, Objekten und Pflanzen. Man ist in der Fremdartigkeit angelangt, versucht Zusammenhänge und Motive zu entschlüsseln.
Die Anordnung der künstlerischen Arbeiten im Galerieraum entfaltet einen Narrativ. Dabei geht es der Ausstellung um das Aufzeigen verschiedener Richtungen, Deutungsmöglichkeiten und Perspektiven - inhaltlich wie auch in der konkreten Raumerfahrung. So entspricht das Verhalten der Leitplanke, die sich in der Galerie wie eine Schlange um die Säulen windet, nicht ihrem ursprünglichen Zweck als starre und schützende Begrenzung von Strassen und Wegen. Sie ist von Textilien bedeckt und dient als Stütze für eine Blume, die ihren Kopf zu Boden richtet. Und doch gibt sie eine Richtung vor, wie auch die Hand. Der Schmuckstein am Ringfinger ist auf die Handinnenseite gedreht, seine Funktion verkehrt und damit nutzlos. Ebenso das Abbild eines rudimentär gefertigten Schlagrings (WARCRAFT, 2016) im hinteren Teil der Galerie, der aus Papier geformt keine Wirkung entfalten kann. Er verlässt, wie auch das aus Perlen gesteckte Flecktarnmuster (FLECKTARN, 2016) seinen aggressiven Kontext, seine ihm zugedachte Funktion. Die braun-graue Auslegware, üblicherweise dazu genutzt gewöhnlichen Schmutz unsichtbar zu machen, wird durch den festgetretenen rosa Kaugummi ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht. Das Carmouflagemuster, das den Zweck verfolgt Dinge verschwinden zu lassen, löst sich durch seine locker gesteckte Machart langsam auf und ordnet sich neu. Doch auch auf formaler Ebene ergeben sich hier Verbindungen, zum Beispiel zum Batikmuster hinter der Palme (WHEN THE DATES TURN RED, IT‘S TIME #7, 2017) von Hoda Tawakol. Regelmäßig angelegt, lässt sich das entstehende Muster nicht genau vorhersagen. Die Farbe sucht sich ihren eigenen Weg. Am Motiv der Palme wird auch deutlich, wie sehr der eigene Standpunkt die Interpretation bestimmt. Aus westlicher Perspektive eine fremdländische Baumart, ist die Palme für die ägyptische Künstlerin ein ganz gewöhnliches, heimisches Gewächs.
Der gedruckte Riss (RISS 3, 2015) von Jenny Feldmann markiert ebenfalls einen Weg, der das Papier und die regelmäßige Ordnung durchbricht, wie auch die Leitplanke den Raum durchmißt.

Das Hinterfragen von Perspektiven und Blickwinkeln findet sich auch im Ausstellungstitel wieder. Ist KONTIKI ein Fruchteis von Aldi Nord (Zitrone und Orange oder Zitrone mit Limettengeschmack, roter Zuckercremeglasur und Knisterbrausesplittern), ein Expeditionsfloß oder ein Ballspiel?
1947 segelt der norwegische Ethnologe Thor Heyerdahl mit dem Flos „Kon-Tiki“ von Lima aus über den Pazifik, um den Gegenbeweis zu erbringen, dass die polynesischen Inseln des Pazifik von Asien aus besiedelt wurden. Seiner Theorie nach erfolgte diese von Südamerika, von wo die Expedition auch startete. Sie hatte ein festes Ziel vor Augen, aber nicht um dort auf etwas Unbekanntes zu stoßen oder etwas zu besetzten, sondern nur um zu beweisen, dass die Seereise auch schon mit den technischen Mitteln zu bewerkstelligen war, die noch vor den Inkas gebräuchlich waren. Dies entspricht etwa der Herangehensweise der vier Künstlerinnen und Künstler an die Ausstellung. In der Zusammenstellung ihrer Arbeiten haben sie experimentell ausgelotet, wie und was zusammenpasst, welche (neuen) Verbindungen entstehen.
Nach 101 Tagen lief das Floß vor Raroia im Tuamotu-Archipel (Französisch-Polynesien) auf Land. Namensgeber des Floßes war der Gott Qun Tiksi Wiraqucha, der Schöpfer der Zivilisation in der Mythologie der Inka.
    Ähnlich der Expedition von Heyerdahl, haben sich auch die vier Hamburger Künstlerinnen und Künstler mit KONTIKI auf unbekanntes Terrain begeben. Sie kennen sich aus dem Studium an der HFBK Hamburg bei Andreas Slominski, Professor für Bildhauerei und haben mit ihrem Floß in Lauenburg angelegt. Das Manövrieren des Floßes bereitete der Heyerdahl-Crew immer wieder Schwierigkeiten, Material und Bauweise waren ein Experiment, der erfolgreiche Ausgang der Reise ungewiss. Doch die Chance bestand und besteht darin, unbekannte Wege zu gehen und so Neues zu entdecken.


Jenny Feldmann ( *1985 in Hamburg) studierte von 2006 - 2013 Freie Kunst an der HFBK Hamburg. 2018 erhielt sie das Arbeitsstipendium für bildende Kunst der Freien und Hansestadt Hamburg, 2017 das Atelierstipendium der Kulturbehörde Hamburg und 2014 ein Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds, Bonn.

Anna Grath  (*1983 in Immenstadt) beendete 2014 ihr Studium der Freien Kunst an der HFBK Hamburg. 2018 erhielt sie das Arbeitsstipendium für bildende Kunst der Freien und Hansestadt Hamburg und 2015 das Atelierstipendium Mümmelmannsberg. 2013 war sie Preisträgerin des Hiscox Kunstpreises.

Fion Pellacini (*1986 in Hamburg) studierte von 2011 - 2017 Freie Kunst an der HFBK Hamburg. Er zeigte seine Arbeiten z.B. im Golden Pudel Club und im Welterbe Kloster Lorsch. Zusammen mit Rebekka Seubert betreibt er den Projektraum Il Caminetto in Hamburg.

Hoda Tawakol (*1968 in London) schloss ihr Studium der Freien Kunst an der HFBK Hamburg 2011 ab. 2017 waren ihre Arbeiten in der Kulturstiftung Schloss Agathenburg, bei Wiensowski & Harbord in Berlin und an der HFBK Hamburg; 2015 in der Herbert-Gerisch Stiftung, Neumünster und der Städtischen Kunsthalle in München zu sehen.

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